Klimaschutz-Ambitionen der neuen THG-Quote 2.0
Die Treibhausgas-Minderungsquote (§ 37 BImSchG), kurz: THG-Quote, ist ein seit 2015 etabliertes, marktbasiertes Klimaschutzinstrument für den Verkehrssektor. Sie setzt die EU Renewable Energy Directive II (RED II) in deutsches Recht um und dient der Förderung von erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehr. Entsprechend der THG-Quote müssen quotenverpflichtete Mineralölunternehmen eine bestimmte Menge an emissionsarmen Kraftstoffen selbst in Verkehr bringen oder finanziell fördern.
Die Ende September 2020 vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes und der relevanten Verordnung (38. BImSchV) dürften dabei weitreichende Folgen haben. Insbesondere für fortschrittliche Biokraftstoffe und Elektromobilität, bzw. Strom aus erneuerbaren Energien als Kraftstoff hält das Bundesumweltministerium Verbesserungen bereit. Die THG-Quote in der neuen Version bietet durch den Fokus auf die Förderung von Elektromobilität, an der Schnittstelle zwischen Energie- und Verkehrssektor, eine einzigartige Chance für die Umstellung der motorisierten Individual-Mobilität auf erneuerbare Kraftstoffe. Sie ist ein erster Schritt in Richtung eines nachhaltigen, emissionsarmen Verkehrs und vereint Chancen für die Energie- und Verkehrswende.
Insgesamt dürften die Vorschläge und Ziele für echten Klimaschutz aber nicht ausreichen. In diesem Blogartikel geben wir eine Übersicht über die wichtigsten Veränderungen der THG-Quote aus Klimaschutz-Sicht und daraus resultierende Auswirkungen.
Allgemeines Ambitionsniveau der THG-Quote 2.0
Für den Klimaschutz ist der Vorschlag zur Entwicklung der Höhe der Minderungsquote eher enttäuschend. Laut des Gesetzentwurfs soll die Quote sich in den nächsten vier Jahren zunächst nicht erhöhen. Ab 2026 soll sie dann, nach aktuellem Stand, auf gerade einmal 7,25% angehoben werden. Um den fortschreitenden Klimawandel zu entschleunigen wird aber eine deutlich höhere Quote benötigt. Mit einer stagnierenden Quote bis 2026 bleibt zu bezweifeln, ob Deutschland die EU Vorgaben von 14% erneuerbaren Energien im Verkehr bis 2030 einhalten kann. Insgesamt könnten mit dem aktuellen Ambitionsniveau diese Mindestziele zwar gerade so erreicht werden, wir finden aber, dass hier ambitionierte Zielwerte nötig gewesen wären.
Die Bundesregierung verpasst eine Chance, Deutschland als Vorreiter im Bereich Klimaschutz hinsichtlich erneuerbarer Kraftstoffe im Verkehr zu positionieren.
Den Entwürfen zufolge wird die THG-Quote auf weitere Branchen im Verkehr ausgeweitet. Laut den neuen Regelungen gilt die Quote nun auch für Inverkehrbringer von fossilen Kraftstoffen im Luft- und Seeverkehr. Aus Sicht des Klimaschutzes ist das ein wichtiger Schritt, da hier in der Regel sehr hohe THG-Emissionen verursacht werden, die bislang von keinem Instrument wirklich erfasst und reduziert werden konnten. Durch eine höhere Pönale will das Bundesumweltministerium die Investitionen von Mineralöl-Unternehmen in erneuerbare Kraftstoffe fördern. Die Strafzahlungen für quotenverpflichtete Unternehmen werden deshalb auf 600 €/t erhöht. Wir erwarten steigende Preise im Quotenhandel für Strom, infolge einer höheren Nachfrage. Die potenziell höhere Nachfrage folgt aus einer zukünftig höheren Quote, einer höheren Pönale für nicht erreichte Emissionsminderungen und damit einem höheren Maximalpreis für den THG-Quotenhandel, sowie einer Stärkung von Strom als Erfüllungsoption. Das Bundesumweltministerium bekennt sich mit den Entwürfen zu mehr Klimaschutz im Verkehr, die allgemeinen Ziele müssten aus Sicht des Klimaschutzes aber deutlich ambitionierter sein.
Anrechenbare alternative Kraftstoffe
Wenn die Entwürfe mit den aktuellen Vorschlägen so in Kraft treten, würde sich die Bundesregierung mit einem starken Förder-Fokus auf Elektromobilität festlegen, weg von einem technologie-offeneren Ansatz mit konventionellen Biokraftstoffen und Erdgas. Wir begrüßen die vorgeschlagenen Änderungen und damit die Festlegung auf eine langfristige Elektromobilitätsstrategie zur Dekarbonisierung des motorisierten Verkehrs. Aber auch für die Nachhaltigkeit des Stroms für Elektromobilität besteht noch Bedarf zur Nachbesserung.
Elektromobilität wird attraktiver
Strom für Elektrofahrzeuge wird zukünftig verstärkt gefördert. Laut den Entwürfen wird die energetische Menge des Stroms mit dem Vierfachen seines Energiegehaltes auf die Minderungsquote angerechnet. Diese von der EU vorgegebene vierfache Anrechnung im THG-Quotenhandel macht Elektromobilität und insbesondere öffentliche Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge oft erst wirtschaftlich. Durch bessere Ladeinfrastruktur wird Elektromobilität insgesamt attraktiver.
Förderung von Strom aus fossilen vs. erneuerbaren Energien
Ein problematischer Aspekt ist hier die Förderung des Stroms aus fossilen Kraftstoffen (z.B. Strom aus Kohle). Leider gibt es bis auf eine sehr seltene Ausnahme (Direktverbindung zwischen Ladestation und erneuerbarer Energiequelle ohne Netzanschluss) keine unterschiedlichen Emissionswerte für Strom aus erneuerbaren oder fossilen Energien. Aktuell wird immer der deutsche Strommix im Netz angenommen, und damit Kohle genauso gefördert wie Strom aus erneuerbaren Energien. Um das zu ändern, müssten mehr Möglichkeiten für die Anrechnung von grünem Strom integriert werden, um eine echte Lenkungswirkung zu entfalten. Mit Kohle-Strom sind die THG-Emissionen nur marginal geringer als mit Benzin und Diesel. Insbesondere beim nicht-öffentlichen Laden könnte eine volle Anrechnung von grünem Strom auf die THG-Quote zu einem wichtigen Meilenstein der dezentralen Energiewende werden.
Zusätzlich darf die Bundesregierung zukünftig nicht-gemeldete Strommengen im Rahmen des THG-Quotenhandels selbst auktionieren. Aus Sicht des Klimaschutzes macht das nur Sinn, wenn das daraus erlöste Geld am Ende auch wirklich in die Förderung von erneuerbaren Kraftstoffen fließt.
Keine fossilen Kraftstoffe für die Quotenerfüllung
Eine Veränderung zu mehr erneuerbaren Energien ist, dass die Minderungsquote nur bis zum Verpflichtungsjahr 2021 durch fossile Kraftstoffe erfüllt werden kann. Beispielsweise LNG hat zwar weniger Emissionen als Kohle und Ottokraftstoffe, ist aber ein fossiler Kraftstoff und erhöht die Treibhausgase in der Luft ohne weitere Senkungen. Deswegen haben fossile Kraftstoffe keine Zukunft in einer grünen Welt. Diese Einschränkung schwächt auch weitere Investitionen für neue Up-Stream Projekte weltweit.
Immer weniger konventionelle Biokraftstoffe
In den Entwürfen werden ebenfalls sinkende Obergrenzen bis 2026 für konventionelle Biokraftstoffe festgelegt, die mit ihren echten Emissionsraten angerechnet werden können. Dabei können Biokraftstoffe aus Rohstoffen mit hohem Risiko indirekter Landnutzungsänderung ab 2026 nur mit einer höheren Emissionsrate angerechnet werden können. Diese Entwicklung soll die Nachfrage nach konventionellen Biokraftstoffen verringern, um die Belastung für die Agrar- und Waldflächen zu verringern.
Förderung von fortschrittlichen Biokraftstoffen
Im Gegensatz zu konventionellen Biokraftstoffen wird die Nutzung von fortschrittlichen Biokraftstoffen weiter gefördert. Die Unterquote dieser Biokraftstoffen steigt regelmäßig und ab dem Jahr 2030 müssen Verpflichtete mindestens 1,75% von der in Verkehr gebrachten Energie, aus fortschrittliche Biokraftstoffen erfüllen. Die den Mindestanteil übersteigenden fortschrittlichen Biokraftstoffe werden bis zu einem Anteil von 1,75% mit dem Doppelten ihres Energiegehalts angerechnet. Angesichts der Dringlichkeit der THG-Minderung sind fortschrittliche Biokraftstoffe eine gute Option für eine Übergangsphase zu anderen erneuerbaren Energien, weil für ihre Nutzung keine grundlegenden technischen Veränderungen nötig sind. Auf lange Sicht ist es aber notwendig den Fokus auf erneuerbare Energien wie Windkraft zu setzen.
Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die kommenden Änderungen die THG-Quote aus Klimaschutz-Perspektive verstärken. Darüber hinaus hoffen wir auf eine volle Anrechenbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien und insgesamt ambitioniertere Ziele für effektiven Klimaschutz.