THG-Quote 2024: Weiterentwicklung zu einem wirksameren Instrument für die Verkehrswende
Die THG-Quote ist ein wichtiges marktbasiertes Instrument zur Umverteilung von Geldern von fossilen zu erneuerbaren Kraftstoffen im Sinne des Klimaschutzes und zur Förderung der Energiewende im Verkehr. Die THG-Quote als Instrument ist effizient und bedeutet einen geringen Kostenaufwand für den deutschen Staat. Dieses Instrument wurde jedoch durch verschiedene Entwicklungen ausgehöhlt und muss deshalb nachgeschärft werden!
Der rasante Zuwachs an batterieelektrischen Fahrzeugen in Deutschland und weltweit sowie die regelmäßige deutliche Übererfüllung der in §37h BImSchG vorgesehenen Schwellenwerte durch die Elektromobilität zeigen, dass man bei der Minderungsquote deutlich ambitioniertere Ziele für die Elektromobilität als effizienteste Mobilitätsform vorgeben kann. Auch grüner Wasserstoff als emissionsfreier bzw. emissionsarmer Energieträger kann im Schwerlastverkehr sinnvoll eingesetzt werden.
War die THG-Quote früher noch wichtiger Bestandteil einer Investitionsentscheidung in batterieelektrische Fahrzeuge, insbesondere im ÖPNV, ist sie nach einem Verfall der Marktpreise auf unter 20% im Vergleich zu den bisherigen Höchstständen nur noch ein geringer Zusatzerlös, der für einige Akteure nicht einmal mehr den Aufwand der Beantragung rechtfertigt. Der Umstieg auf erneuerbare Antriebstechnologien wird dadurch unnötig ausgebremst.
Aus unserer Sicht gibt es diverse Optionen, um das ehemals wirksame Förderinstrument für die THG-Quote 2024 wieder wirksam zu machen:
Unterquote für Elektromobilität
Wie bereits angemerkt, müsste die Elektromobilität längst kein Nischenbestandteil im Quotenmarkt mehr sein, sondern könnte bereits einen nennenswerten Anteil der geforderten Einsparung abdecken. Durch eine ambitionierte Unterquote für die Elektromobilität, wie sie heute z.B. bereits für fortschrittliche Biokraftstoffe besteht, könnten Einflüsse von unlauteren Erfüllungsoptionen, wie vermeintlich umdeklarierte Biokraftstoffe aus Palmöl und gefälschte UER-Projekte, auf den Quotenpreis verhindert oder verringert werden.
Erhöhung des Mehrfachfaktors für Elektromobilität von 3 auf 4
Durch eine Erhöhung des Mehrfachfaktors für die Elektromobilität von 3 auf 4 und damit eine Angleichung an alle anderen derzeit in der EU bestehenden THG-Quotensysteme, könnten auch bei niedrigem Quotenpreis wieder stärkere Anreize für die Elektromobilität geschaffen werden. Diese Erhöhung war auch in Deutschland bereits Bestandteil vergangener Gesetzesentwürfe und sollte nun für die THG-Quote 2024 endlich umgesetzt werden.
Vereinfachung der Anrechnung von Grünstrom aus PV und Windkraft
Elektrofahrzeuge reduzieren die Emissionen im Verkehr besonders wirksam, wenn sie nicht mit Netzstrom – welcher leider noch einen signifikanten Anteil Kohlestrom enthält - sondern mit dezentral produziertem Strom aus einer eigenen PV- oder Windkraftanlage geladen werden. Daher ist es aus unserer Sicht unverständlich, dass entsprechenden Vorreitern so viele Steine bei der THG-Quote in den Weg gelegt werden. Auch nach der Novellierung der Verordnung gibt es kaum Fälle, in denen die Kosten des aufwändigen Verfahrens überhaupt durch die Mehrerlöse gedeckt werden. Besonders der explizite Ausschluss von Speicherlösungen geht an der Realität vorbei.
Digitalisierung der Antragsprozesse
Zwar ist die Digitalisierung der Prozesse im Umweltbundesamt bereits in Planung, jedoch hinkt Deutschland auch hier allen anderen Staaten in der EU mit Quotensystem hinterher. Bearbeitungszeiten der THG-Quote 2024 von mittlerweile fast 6 Monaten sind nicht vermittelbar und eine Verbesserung der Effizienz der Prozesse sollte keinesfalls weiter aufgeschoben werden.
Phase-Out von Biokraftstoffen
Biokraftstoffe können zwar gegenüber fossilen Kraftstoffen wie Benzin und Diesel Emissionen einsparen und basieren auf erneuerbaren Quellen. Jedoch werden auch bei der Verbrennung von Biokraftstoffen Treibhausgase und andere Schadstoffe freigesetzt. Hinzu kommt das offenbar große Betrugspotenzial und häufig lange Transportwege aus Asien. Landnutzungs-Konflikte sind ein wesentlicher Faktor, warum sich die Umweltverbände mehrheitlich gegen Biokraftstoffe positionieren. Land, das für den Anbau von bspw. Raps genutzt wird, könnte dem Nahrungsmittelanbau dienen oder renaturiert werden. Mindestens importierte Biokraftstoffe sollten daher aus unserer Sicht langfristig nicht Bestandteil der Dekarbonisierungsstrategie sein, insbesondere weil bessere, effizientere Optionen wie Elektromobilität verfügbar sind.
Upstream-Emission-Reductions (UER)
Die vorzeitige Abschaffung von UER als Erfüllungsoption begrüßen wir ausdrücklich. Dennoch darf der Betrug im großen Stil bei dieser Einsparungsoption in der Vergangenheit nicht einfach hingenommen werden. Die Möglichkeit der Aberkennung von UER-Zertifikaten muss rechtlich genau geprüft werden. Insbesondere ist zu ermitteln, ob die an den fraglichen Projekten beteiligten “Lead Partner” aus der Kraftstoffindustrie das betrügerische Handeln mindestens geduldet haben.
Mehrfachanrechnung von fortschrittlichen Biokraftstoffen entfernen
Die Mehrfachanrechnung von fortschrittlichen Biokraftstoffen sollte nur dann möglich sein, wenn die notwendigen Merkmale lückenlos nachvollzogen werden können. Solange Produktionsanlagen in Asien nicht besichtigt werden können und das Endprodukt keine Rückschlüsse auf die Rohstoffe zulässt, ist eine Doppelanrechnung unverantwortlich.
Übererfüllung im Markt begegnen durch Quotenerhöhung
Die quotenverpflichteten Unternehmen (QVU) konnten bisher jedes Jahr deutlich mehr THG-Minderung erreichen als gesetzlich gefordert. Da die übererfüllte Minderung einfach in das nächste Jahr übertragen werden darf, schieben die QVU eine wachsende Reserve an THG-Quoten vor sich her, welche sie jedes Jahr durch im Überangebot günstig eingekaufte Minderungsoptionen aufstocken können. Um das Gleichgewicht im Markt wieder herzustellen, sollten – wie in den Niederlanden umgesetzt – die Minderungsanforderungen in Form der THG-Quote automatisch deutlich erhöht werden und nicht-nachhaltige Erfüllungsoptionen ausgeschlossen werden.
Schätzwerte durch Messwerte ersetzen
Durch die messwertbasierte Abrechnung auch bei nicht-öffentlichem Laden statt der Pauschalen für BEV könnten diverse positive Effekte erzielt werden. Zunächst würden die tatsächlichen Einsparungen vergütet und vereinzelte Doppelanrechnungen für öffentliches und nicht-öffentliches Laden vermieden. Zusätzlich könnte die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern wie PV und Windkraft auch beim nicht-öffentlichen Laden berücksichtigt werden. Das Problem von zu niedrigen Pauschalen z.B. bei den Klassen N2 und N3 würde sich von selbst erledigen.
Betrugsanfälligkeit reduzieren
Es ist unverständlich, wieso bei der Beantragung von THG-Quoten aus öffentlicher Ladeinfrastruktur nicht die EVSE ID genutzt wird. Die Berücksichtigung der EVSE ID würde die Prüfung von Mehrfachbeantragungen, den Abgleich mit dem Ladesäulenregister und auch Stichprobenüberprüfungen deutlich vereinfachen.
Erweiterung der Ziele auf 2031-2040ff
Da die Antriebswende bis 2030 nicht annähernd abgeschlossen sein wird, muss die THG-Quote für die folgenden Jahre ambitioniert weitergeplant werden. Besonders bei größeren Projekten im Bereich des öffentlichen Ladens, kann die Planungssicherheit bei der THG-Quote die Investitionsentscheidung beeinflussen.
Unser Fazit
Um die THG-Quote für die Energiewende im Verkehr wirksamer zu machen und die entstehenden Finanzflüsse in die richtigen Bahnen zu lenken, bedarf es einiger Anpassungen. Insbesondere muss der allgemeine Fokus der THG-Quote geändert werden, weg von Biokraftstoffen und hin zu den essenziellen Verkehrswende-Technologien Elektromobilität mit Grünstrom und in Spezialfällen auch grünem Wasserstoff.