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Weltweite Energiegerechtigkeit - Was sie bedeutet und wieso sie so wichtig ist

Bildquelle: ANDHERI HILFE e.V.


Was Energie woanders bedeutet - ist das wirklich gerecht?

"Strom kommt aus der Steckdose oder? “ - Der Kaffee morgens, Videochat am Mittag, der Film vor dem Schlafen gehen und immer wieder das Handy zwischendurch. Ein Leben ohne Strom können wir uns kaum noch vorstellen. Doch dass Strom so selbstverständlich aus der Steckdose fließt, ist nicht überall auf der Welt so. In vielen Ländern sind die Energieressourcen knapp und die Stromnetze bei weitem nicht so gut ausgebaut wie in Europa. Die wenigen Stromausfälle, die ich in meinem Leben zuhause mitbekommen habe, waren schnell behoben. Und trotzdem erinnere ich mich daran, wie mir plötzlich bewusst wurde, welche Geräte ich gerade alle nicht benutzen kann und wie eingeschränkt ich bin. Ich gebe zu, das Ausmaß meines Stromkonsums ist mir im Alltag nicht bewusst. Aber wie kann es das auch, wenn ich immer damit versorgt bin? Natürlich weiß ich auch, dass es außerhalb von Europa ganz anders aussehen kann. Welche Probleme es im globalen Süden gibt, hat mir mein Kollege Arzon, der gebürtig aus Bangladesch kommt und auch heute noch dort wohnt, erläutert. Weil Arzon schon von Beginn an bei GreenTrax dabei ist und auch unser Kollege Kallol aus Bangladesch kommt, fühlen wir uns besonders mit diesem Land verbunden. Aus diesem Grund sind wir umso mehr dazu motiviert uns für Klima- und Energiegerechtigkeit einzusetzen.

Einmal die Perspektive wechseln - Wir haben Arzon gebeten uns aus seiner Perspektive zu berichten. Was bedeutet Energie für ihn? Wo sieht er Probleme in seinem Land? Wo Verbesserungspotenzial? Was tut die Politik gegen die Energieprobleme im Land? Sein Erfahrungsbericht gibt uns die Möglichkeit die Perspektive zu wechseln und die Bedeutung von Energie mit anderen Augen zu sehen.

Energie in Bangladesch - Ein Erfahrungsbericht

Bangladesch ist ein kleines, tief gelegenes Flussland in Südasien. Es ist eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt und zählt zu den Ländern, die am wenigsten entwickelt sind. Elektrizität ist eine der wichtigsten Energiequellen und sie hat einen enormen Einfluss auf unsere wirtschaftliche Entwicklung. In den letzten 10 Jahren hat sich der Stromsektor des Landes stark verbessert. Jetzt erhalten die großen Städte und Ballungsgebiete ununterbrochen Strom, was für uns ein großer Meilenstein ist. Dennoch gibt es immer noch grundlegende Probleme im Stromsektor, für die dringend Lösungen gebraucht werden.

Die massive Bevölkerungszahl ist auf jeden Fall eine Herausforderung, denn es ist schwierig den Strom gleichmäßig auf alle Gebiete zu verteilen. Großstädte und städtische Gebiete haben bessere Chancen mit Strom versorgt zu werden als die ländlichen Gebiete. Ein regelmäßiger Ausfall der Stromversorgung in den Vorstädten und Gebieten außerhalb ist ein übliches Szenario. In einigen ländlichen Gebieten gibt es überhaupt keine Stromversorgung. 

Die Verteilung des Stroms auf alle Gebiete ist somit ein großes Problem, das letztlich hohe Systemverluste verursacht. Weitere Probleme sind aber auch Verzögerungen bei der Fertigstellung von Kraftwerken, ein niedriger Wirkungsgrad der Anlagen, Stromdiebstahl, Mangel an Mitteln für das Kraftwerk und schlechtes Management der Strominstandhaltung.

Darüber hinaus sind unsere Kraftwerke hauptsächlich von Kohle abhängig. Hier sind die Kapazitäten begrenzt, weshalb die Regierung oft Schwierigkeiten hat Strom für die neuen Industrien bereitzustellen. Um den Bedarf unserer riesigen Bevölkerung decken zu können, müssen wir deshalb andere Stromerzeugungsquellen nutzen, wie beispielsweise Wind und Sonne. 

Kurz gesagt, unsere derzeitigen Erzeugungsanlagen sind nicht in der Lage, die Nachfrage nach Elektrizität in unserem Land zu decken. Daher ist es für uns auch nahezu undenkbar, Strom für unsere Mobilität zu nutzen. Aus diesem Grund kommt Elektromobilität auch gar nicht in Frage. Um diese Reihe an Problemen zu lösen, hat die Regierung bereits wichtige Schritte unternommen. Das erste Kernkraftwerk des Landes ist in Bau und soll 2023 in Betrieb gehen. Dieses Kraftwerk wird eine bedeutende Rolle in der nationalen Stromversorgung von Bangladesch spielen.

Eindrücke aus Bangladesch. Fotografie: Arzon Barua

Wenn Energie ungerecht verteilt ist - Probleme und Lösungen


Wie Arzon beschreibt ist es nicht weltweit selbstverständlich, dass alle immer und überall Zugang zu einer stabilen Stromversorgung haben. Und das hat erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Menschen vor Ort. Denn eine gute Stromversorgung hat Einfluss auf die Bildungsqualität, Lebensmittel- und Gesundheitssicherheit, wirtschaftliche Entwicklung und können die politische Teilhabe stark beeinflussen. Dass wir es hier so leicht haben und nicht einmal über “Energie” als Problem nachdenken müssen, ist wirklich nicht gerecht. Aber was wird benötigt um langfristig eine Lösung für die Probleme zu finden?

Hilfe für Selbsthilfe ist hier das Stichwort! Besonders in Ländern mit Strommangel werden mehr Investitionen in eine gute Stromversorgung benötigt und angesichts der Klimakrise eben nicht in Kohle und Gas, sondern in erneuerbare Energien. Allein die Etablierung von erneuerbaren Energien in Entwicklungsländern genügt aber nicht. Es muss auch eine ‚Just Transition‘, also einen gerechten Strukturwandel, geben, damit alle profitieren können und der Umbau schnell umgesetzt werden kann. Das bedeutet auch, dass möglichst viele Menschen nicht nur Zugang zu Energie erhalten müssen, wie es im Entwicklungsziel 7 der Vereinten Nationen formuliert ist, sondern auch, dass Bewohner die Prozesse verstehen und daran beteiligt sind. Damit die Bewohner sich eigenständig helfen können, Reparaturen tätigen können und nicht abhängig von höheren Instanzen sind, ist es deshalb wichtig, dass auch die Technologie vermittelt wird. Denn nur wenn die Bevölkerung auch von einem Wissenstransfer profitiert, können die Energieprojekte nachhaltig effektiv sein und dazu beitragen, dass neue Arbeitsplätze entstehen. Ein Kohlekraftwerk, dass die Bewohner abhängig macht, löst solche Probleme nicht. Aus diesem Grund setzen wir und für eine nachhaltige und ökologische Hilfeleistung ein, die Energie im globalen Süden zugänglich macht und klimaneutral ist.


Warum es so wichtig ist im globalen Süden direkt nachhaltige Energien auszubauen


Wie Arzon gesagt hat, ist das erste Kernkraftwerk des Landes bereits in Bau. Dieses Kraftwerk soll die Energieressourcen in Bangladesch erhöhen und eine bessere Struktur in der Stromversorgung schaffen. Für den Klimaschutz ist der Bau neuer Kernkraftwerke aber ein großer Rückschritt. Gleichzeitig soll aber der globale Süden nicht weiter unter einer unfairen Energieverteilung leiden und zukünftig einen besseren Zugang zu Energieressourcen bekommen. Aus klimatechnischer Sicht ist es deshalb umso wichtiger im globalen Süden direkt nachhaltige, emissionsarme und saubere Energien ausbauen. Denn wenn Entwicklungsländer nun beginnen ihren Energiebedarf mit Kohle, Gas und Öl zu decken, würde das den Klimawandel weiter beschleunigen. Deshalb müssen diese Länder den Entwicklungsschritt der fossilen Brennstoffe dringend überspringen.

Wir von GreenTrax vertreten die Sichtweise, dass wir, der globale Norden, diese Länder unterstützen sollten aus unseren Fehlern zu lernen und den Ausbau von nachhaltigen und emissionsarmen Energiequellen zu fördern. Aus diesem Grund unterstützen wir die ANDHERI HILFE, die nachhaltige Energieprojekte in Bangladesch verwirklicht. Zusammen mit unseren Partnern und der ANDHERI HILFE fördern wir die Versorgung ärmster Familien mit Solarpanelen. Durch eine Schulung wird den Haushalten alles beigebracht, was für den Betrieb der Anlage erforderlich ist. Somit können sie später die Panele selbst warten, reinigen und reparieren. Die Solarpanele ersetzen die rußenden Petroleumlampen, deren giftiger Rauch die Bewohner krank macht. Die Panele sind eine innovative Lösung, die Gesundheit und Umwelt schützt. Darüber hinaus sorgen sie für helles Licht, sodass Kinder auch abends ihre Hausaufgaben machen können und Erwachsene sich mit Heimarbeit, wie nähen oder sticken, ein Zubrot verdienen können. Der Bau von Solarpanelen ist deshalb ein wichtiger Schritt die weltweite Energiegerechtigkeit voranzutreiben.


Arzons Bericht hat uns wieder einmal verdeutlicht, wie wichtig eine Umstrukturierung von Energie auf der ganzen Welt ist. Denn was wir hier in Massen konsumieren, wird an anderen Orten dringend zum Leben benötigt. Energiegerechtigkeit zu verstehen und innovative, nachhaltige Lösungen zu entwickeln ist der erste Schritt für ein gerechtes, lebenswertes und selbstbestimmtes Leben auf der ganzen Welt.

Mehr zur ANDHERI HILFE erfahren Sie hier.