GreenTrax THG-Quote

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Offener Brief: Anrechenbarkeit von Solarstrom praxistauglich ermöglichen

Um die Energiewende im Verkehr voranzutreiben, gibt es das gesetzliche Klimaschutz-Instrument der Treibhausgas-Minderungsquote (kurz: THG-Quote). Das entsprechende Gesetz sowie die Verordnung wurden erst kürzlich novelliert, um diese an die Vorgaben durch die Erneuerbare Energien Richtlinie der EU anzupassen. Im Zuge künftiger Anpassungen fordern wir gemeinsam mit Unternehmen der Elektromobilität und der Energiewirtschaft eine praxistauglichere Berücksichtigung von Ladestrom über Direktverbindungen zu Solaranlagen.

Wir von GreenTrax veröffentlichen unseren offenen Brief auch direkt hier in unserem Blog. Ihr findet diesen nachfolgend in voller Länge.

Du brauchst allgemeine Informationen zur THG-Quote?

Unterzeichner*innen des offenen Briefes

Dezember 2021


Offener Brief zur Anrechenbarkeit von Solarstrom für die Elektromobilität im Rahmen der THG-Quote praxistauglich ermöglichen

Zusammenfassung

Angepasste Rahmenbedingungen bei der Bestimmung der THG-Quote aus Strom für Elektrofahrzeuge befördern die Sektorenkopplung. Sie führen zudem zu einer Einnahme für kleinere Solaranlagen, die perspektivisch eine Alternative zum EEG-Vergütung darstellt. Dazu müssen die folgenden Rahmenbedingungen erfüllt werden. Bei der Anrechnung der THG-Minderungsquote dürfen auch nicht-öffentliche Ladepunkte über eine Verbindung mit einer Solarstromanlage verfügen. Außerdem muss der nicht für die Mobilität verwendete Solarstrom wie bislang vermarktet werden dürfen. Und schließlich darf keine Benachteiligungen für PV-Anlagenbetreiber entstehen, die über keinen eigenen Ladepunkt verfügen.

Die zentralen Forderungen im Überblick

● Bei einer Direktverbindung zwischen PV-Anlagen und dem Ladepunkt muss die Einspeisung und Vermarktung des überschüssigen Solarstroms in das öffentliche Netz ermöglicht werden.

● Das private Laden mit einer PV-Anlage darf bei der Festlegung der THG-Quote ggü. dem öffentlichen Laden nicht benachteiligt werden.

● Auch bei nicht-öffentlichen Ladevorgängen sollte eine mengenbezogene Anrechnung ermöglicht und Doppelzählungen bei öffentlichen Laden vermieden werden.

● Sonderfälle wie Dienstwagen und Leasingmodelle sollten in die Regelung einbezogen werden.

● Das mehrfache Pooling zum Verkauf von Zertifikaten wäre praxisnah. Ein angepasster Regelungsrahmen sollte es daher abbilden.

Hintergrund

In Deutschland sind Inverkehrbringer von Diesel und Benzin gesetzlich verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen jährlich, um einen bestimmten Prozentsatz zu mindern (sogenannte Treibhausgasminderungsquote, kurz: THG-Quote). Zu Beginn mussten die verpflichteten Unternehmen eine THG-Quote von drei Prozent erfüllen. Im Jahr 2019 stieg diese dann erstmals auf vier Prozent, im Jahr 2020 auf sechs Prozent. Mit der Novellierung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote, dass zum 1.1.2022 in Kraft treten soll, wurden im Mai 2021 ein stetiger Anstieg der Quote bis auf 25% im Jahr 2030 festgesetzt. Seit 2019 steht auch der in Elektrofahrzeugen verbrauchte Strom als Erfüllungsoption für die Mineralölwirtschaft zur Verfügung.

Gerade vollelektrische Fahrzeuge tragen zur Treibhausgasminderung im Verkehr und zu Wachstum und Beschäftigung bei. Die Förderung von in Fahrzeugen genutzten Stroms sollte dabei auch den Aufbau der Ladeinfrastruktur unterstützen. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei Ökostrom ein, denn er erhöht die Klimaschutzwirkung der Elektromobilität entscheidend.

Neben dem THG-Quotengesetz hat die geschäftsführende Bundesregierung im November ein umfangreiches Verordnungspaket „Verordnung zur Festlegung weiterer Bestimmungen zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote“, in dem die genauen Rahmenbedingungen für den Handel mit den Quoten festgelegt und die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) nunmehr in deutsches Recht umgesetzt werden soll verabschiedet. Die Federführung liegt beim BMU. Die Regelungen aus der VO gelten ebenfalls ab dem 1.1.2022.

Zu den zentralen Änderungen der VO zählen u.a.

● Als neue Quotenerfüller werden künftig die Betreiber der Ladepunkte (vom gewerblichen bis zum privaten E-Mobilisten) an die Stelle der Stromlieferanten treten.

● Um den Aufbau der Ladeinfrastruktur zu unterstützen, wird die energetische Menge des Stroms, der in Elektrofahrzeugen genutzt wird, mit dem Dreifachen seines Energiegehaltes für die Erfüllung der THG-Quote angerechnet (gemäß EU-Richtlinie 2018/2001).

● Zudem wird eine direkte physische Verbindung zwischen Erzeugungsanlage und Ladepunkt (zum Beispiel durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach) besonders honoriert, in dem für die Berechnung der THG-Quote der Emissionsfaktor mit Null angesetzt wird.1

● Außerdem wird die Strafzahlung (sogenannte Pönale) von 470€ auf 600€ pro Tonne CO2 angehoben. Diese Strafzahlung wird fällig, wenn ein verpflichtetes Unternehmen die THG-Quote nicht erfüllt. Sie ist somit eine wichtige Benchmark, für die am Markt erlösbaren THG-Quotenpreise.

Die Anrechnung von Fahrstrom wird in einer Bundesimmissionsschutz-Verordnung geregelt (38. BImSchV). Zum einen ist Strom dann anrechenbar, wenn er an öffentlich zugänglichen Ladepunkten dem Netz entnommen wurde (§6 BImSchV). Zum anderen kann aber auch das nicht-öffentliche Laden angerechnet werden: Pro reinem Elektrofahrzeug, das im jeweiligen Verpflichtungsjahr zugelassen war, ist ein pauschaler Schätzwert in Höhe von 1.943 kWh anrechenbar (§7 BImSchV).

Die Menge Ladestrom, die in Verkehr gebracht wurde, kann ab 2022 dreifach auf die THG-Quote angerechnet (ab 1.1.2022 gemäß §5 BImSchV, wie bereits oben erwähnt). Und bei einer Direktverbindung mit einer PV-Anlage (im Sinne §61a Nr. 2 EEG) und einem öffentlich zugänglichen Ladepunkt wird im Vergleich zum Emissionsfaktor für Strom aus dem öffentlichen Stromnetz eine um ca. 2,7 höhere THG-Quote angerechnet.

1 Für die Ermittlung der anrechenbaren THG-Minderungsmenge bei der Elektromobilität wird i.d.R. der Wert für Treibhausgasemissionen des deutschen Strommixes (61,2 Kilogramm je Kilojoule, Stand 2020) von dem Referenz-Emissionsfaktor für fossile Kraftstoffe (94,1 Gramm CO2 je Megajoule, Stand 2020) subtrahiert.

Forderungen

Forderung 1: Einspeisung und Vermarktung überschüssiger Strommengen zulassen

Die Möglichkeit, öffentliches Laden über EE-Direktverbindungen mit einem Emissionsfaktor von Null anzurechnen, ist grundsätzlich begrüßenswert.

Die meisten öffentlichen Ladesäulen verfügen über keine Direktverbindung zu einer erneuerbaren Stromerzeugung. Und wenn doch, dann greift der aktuelle Bezug auf den §61a Nr. 2 EEG und die damit verbundene Besserstellung beim Treibhausgasminderungsfaktor in der Praxis nicht. Denn die Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn die Stromerzeugungsanlage des Eigenversorgers weder unmittelbar noch mittelbar an ein Netz angeschlossen ist (eine sogenannte Inselanlage). Es muss davon ausgegangen werden, dass hier ein redaktionelles Versehen vorliegt, das zügig korrigiert werden sollte. Als Voraussetzung sollte lediglich der Verzicht auf einen Zahlungsanspruch nach §19 EEG gelten. Die betreffende Anlage könnte ans Netz angeschlossen sein, Überschüsse könnten im Rahmen der sonstigen Direktvermarktung vermarkten werden.

Forderung 2: Schärfung der Quote durch Anrechnung der direktversorgenden PV-Anlage

Die bislang sehr restriktiv angelegte Regelung beschränkt den Zugang zu THG-Quoten für Fahrstrom aus Solaranlagen lediglich auf öffentliche Ladepunkte. Relevant ist dieser Sektor jedoch künftig im Bereich des nicht-öffentlichen Ladens – vor allem bei Privathaushalten und Mehrfamilienhäusern. Genau hier findet auch der Markthochlauf der Elektromobilität statt. Entsprechend sollte die Verordnung es ermöglichen, auch direktbezogenen Grünstrom beim nicht-öffentlichen Laden entsprechend anzurechnen. Zumal der Anreiz zu Sonnenzeiten zu laden auf ein Maximum erhöht wird, was maßgeblich zur Entlastung der Netze durch die steigende E Mobilität beiträgt.

Die Ausweitung auf das private Laden würde zu einem echten Booster für den PV-Ausbau. Aktuell liegen die erzielbaren Quotenpreise bei rd. 500 Euro/t CO2. Je nach Entwicklung des Preises und anzurechnenden Emissionsfaktoren für Strom wäre für das private Laden die genannte Größenordnung erschließbar. Für den PV-Anlagenbetreiber und E-Mobilisten ein sehr interessantes Modell. Die Refinanzierung der PV-Anlage könnte so zu einem großen Teil durch die Inanspruchnahme der THG-Quote sichergestellt werden. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der stark gefallenen Vergütungen eine wichtige Absicherung für den wirtschaftlichen Betrieb. Perspektivisch könnte die PV-Anlage in bestimmten Segmenten komplett ohne EEG-Vergütung betrieben. Etwaige Überschussmengen werden dann einfach zum Marktpreis veräußert.

Eine angepasste THG-Quote befördert die Sektorenkopplung und böte gerade für das Kleinanlagensegment und im Bereich des Mieterstroms eine alternative Refinanzierung zur EEG-Förderung. Vorausgesetzt die PV-Anlage wird mit einer Elektro-Ladeinfrastruktur/Elektro-Ladepunkten kombiniert oder der Anlagenbetreiber ist Fahrzeughalter eines Elektroautos.

Bei der Umsetzung dieses Vorschlags muss insgesamt jedoch sichergestellt werden, dass auch in Zukunft keine Benachteiligungen bei PV-Anlagenbetreibern entstehen, die über keine eigenen Ladepunkte bzw. Wallboxen verfügen.

Forderung 3: Mengenbezogene Anrechnung auch bei nicht-öffentlichen Ladepunkten ermöglichen

Über den Strom aus der eigenen PV-Anlage hinaus, sollte auch über das Netz bezogener Grünstrom dem PV-Strom vom eigenen Dach besser einbezogen werden. Dazu ist auch beim nicht-öffentlichen Laden insbesondere bei gewerblichen Fahrzeugen eine verbrauchsscharfe Anrechnung sicherzustellen. Aufgrund der hohen Absatzmenge würden sich die Kosten für die registrierende Leistungsmessung und Steuerung relativ schnell amortisieren. Derzeit ist eine solche verbrauchsscharfe Anrechnung nicht möglich, sondern wird lediglich über Pauschalwerte abgebildet. Durch die skizzierte Weiterentwicklung ergäbe sich auch eine kWh-scharfe Abrechnung des Fahrstroms, der die Größe des E-Fahrzeugs widerspiegelt. Dies ist besonders im kommerziellen nicht-öffentlichen Bereich (etwa Logistikzentrum oder ÖPNV) wichtig, denn aktuell erhält ein elektrischer Bus die gleiche Anrechnungsmenge wie ein elektrischer Smart. E-LKW werden bisher gar nicht im System abgebildet, d.h. das private Laden etwa von Logistikflotten ist beim Quotenhandel außen vor.

Grundsätzlich könnte hier kurzfristig die Einführung einer Wahlmöglichkeit zwischen Anrechnung von Messwerten und Pauschalwerten die Attraktivität erhöhen – perspektivisch sollte die Anrechnung von Messwerten dort angestrebt werden, wo insbesondere bei nicht-öffentlichen Ladepunkten vor allem gewerbliche Fahrzeuge zum Einsatz kommen. In diesem Zuge wäre dann auch eine Klarstellung zwecks erforderlicher Nachweise bei halb-öffentlichem Laden hilfreich.

Zudem sollten auch Doppelzählungen vermieden werden. Aktuell könnte ein Fahrzeug an einer öffentlich zugänglichen Ladesäule zweimal beim UBA abgerechnet werden. Dies ist dann der Fall, wenn v.a. Mitarbeiter des Ladepunktbetreibers mit ihren privaten E-Fahrzeugen an der öffentliche Ladesäule laden. Hier kann zum einen CPO die kWh-Werte

der Ladesäule geltend machen und zum anderen kann jeder Mitarbeiter seinen Fahrzeugschein einreichen.

Forderung 4: Sonderfälle ohne Personenidentität vereinfachen

Leider beinhaltet der VO-Entwurf beim nicht-öffentlichen Laden nach § 7 keine Antwort für bestimmte Sonderfälle, etwa wenn der Ladepunktbetreiber nicht auch der Fahrzeughalter ist, z.B. bei Dienstwagen oder Leasingmodellen. Auch hier sollte die Wahlmöglichkeit bestehen, ob die Zertifikate dem Arbeitgeber oder dem Nutzer des Fahrzeugs angerechnet werden.

Forderung 5: Zweistufiges Pooling zum Verkauf der Zertifikate ermöglichen

Die neue Verordnung sollte schließlich ein zweistufiges Pooling ermöglichen. Das wäre für eine praxisnahe Umsetzung von hohem Wert, um alle Strommengen im Markt anrechenbar zu machen. Durch eine zweifache Aggregation der Mengen, erstens, durch die direkten Elektromobilitätsdienstleister für Halter privater und gewerblicher E-Fahrzeuge und im zweiten Schritt durch die Quoten-Dienstleister, würde das Potenzial fast aller E-Fahrzeuge in Deutschland erschließbar machen. Und schließlich wäre es für die Mobilitätswende sinnvoll, wenn eine Anrechenbarkeit nicht nur von PKW, sondern auch von kleineren Fahrzeugen in die Quotierung einfließen würde.

Änderungsvorschlag an der 38. BImSchV

„§ 5

Anrechnung von in Straßenfahrzeugen mit Elektroantrieb genutztem elektrischem

Strom

(4) Zur Berechnung der Treibhausgasemissionen des elektrischen Stroms nach

Absatz 2 wird der Wert der durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro Energieeinheit

Strom der jeweiligen erneuerbaren Energie in Deutschland verwendet, wenn im

Fall des § 6

1. ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien nach § 2 Absatz 5 Nummer 1

und 2 eingesetzt wird und

2. der Strom nicht aus dem Netz nach § 3 Nummer 35 des Erneuerbare-Energien-

Gesetzes entnommen wird, sondern direkt von einer Stromerzeugungsanlage

nach § 61a Nummer 2 § 3 Nummer 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bezogen wird und

3. kein Zahlungsanspruch nach § 19 Abs. 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes besteht.

Kontakt

Benedikt Kirpes & David Pflegler

GreenTrax (info@greentrax.de)